Heute ist Freitag, der letzte Tag vor der Heimreise. Moskau hat schon reichlich Eindrücke hinterlassen bei uns. Die Zeit hier vergeht wie im Flug – das wird uns so langsam bewusst. Denn das Pflichtprogramm ist noch immer nicht abgearbeitet. Der Kreml fehlt noch, und der muss heute dran glauben. Laut Aushang hat der heute sogar offen. Das muss in Russland nichts heißen, kann aber, und darauf müssen wir uns verlassen.
Und wir haben Erfolg! Sowohl den Rundgang durch den gesamten Kreml als auch die darin befindliche Rüstkammer und das schlussendliche Sahnehäubchen, den Diamantenfonds, nehmen wir mit. So sehr viele Worte will ich dazu aber gar nicht verlieren, denn der interessierte Tourist sollte sich dieses majestätische Bauwerk einfach mal selber anschauen. Bürohengsten, Sesselfurzern und anderen Schreibtischtätern sei gesagt, dass dieses Ausflugsziel nie am Anfang eines Urlaubes stehen sollte, sondern besser nach einiger Zeit intensiven Fußtrainings. Sonst bleibt man schnell auf halber Strecke zurück und wird von der nahenden Masse Japanern überrollt. Die meinen es wirklich nicht böse, haben aber zuviel mit ihren Kameras zu tun, um auf herumliegende Spaßtouristen zu achten. Zu empfehlen sind auf jeden Fall bequeme, langstreckentaugliche Schuhe!
Puh, das war anstrengend. Ein halbstündiges Schläfchen im Park mit ordentlich Sonne im Gesicht muss jetzt einfach sein. Denn es geht gleich froh und munter weiter zum nächsten Marathonlauf. Wir bewegen uns ins GUM, das ehemals größte Warenhaus der Welt. Was für ein Tempel! Satte 75.000 Quadratmeter gilt es abzuschreiten. Ach nee, vielleicht doch nicht. Das wäre nicht nur etwas zuviel des Guten, nein. Es liegt vielmehr auch die Vermutung nahe, dass man in Häusern wie Armani, Gucci, Baldessarini oder Joop in Outdoorkleidung nicht allzu freudig empfangen wird. Und auch bei Bang & Olufsen wird man sich nicht um ein kompetentes Beratungsgespräch reißen. Von diesen Edelmarken gibt es im GUM reichlich. In meinem nächsten Leben werde ich hierher zurückkehren, dann aber mit der einen oder anderen goldenen Kreditkarte in der elfenbeinbesetzten Geldbörse aus Krokodilleder. Und für die Anreise nimmt man dann vielleicht auch besser gleich den Maserati Quattroporte. In einen Viertürer passt nach dem Einkauf einfach mehr rein als in den total unpraktischen 911er Porsche, mit dem wir heute angereist waren.
Apropos Porsche: Das Ding ist in Moskau total unsinnig. Man sitzt so tief, dass man neben den ganzen fetten Geländewagen der Einheimischen gar nichts von der Stadt sieht. Deswegen beschließen wir, uns die Stadt noch ein Wenig vom Bus aus anzuschauen. Schnell Tickets gelöst und rein in irgendeine Linie. Immerhin 45 Minuten sind wir unterwegs und schaffen dabei satte zwei (!) Haltestellen. Irgendetwas hat den Verkehr in der gesamten Innenstadt lahmgelegt. Nanu, der Obama soll doch erst in 3 Tagen kommen. Da brauchen sie doch jetzt noch nicht so einen Aufriss zu veranstalten. Sind doch sonst nicht so zimperlich, die Russen!
Wie auch immer. Den Bus haben wir inzwischen zwar für uns allein, nur weiter bringt uns das auch nicht. Wir verlassen dieses Wunderwerk des öffentlichen Nahverkehrs und gehen zu Fuß weiter. Kein Problem, war heut noch nicht so sehr viel zu laufen. Ein Ziel gibt es trotzdem, denn für den nächsten Tag wäre es gut, wenn wir die grobe Richtung wüssten. Also laufen wir zum Bahnhof und checken ab, wo denn morgen die Bahn zum Flughafen Domodedovo geht. Ich frage am Schalter. Der Witz an der Sache: Man scheint uns nicht wirklich verstanden zu haben, hält uns aber ein präpariertes, handgeschriebenes Schild hin mit der Aufschrift „To Airport go out, turn right, enter Terminal No. 3“. Der Verdacht erhärtet sich, dass unsere Frage an diesem Schalter schonmal gestellt wurde. Ein guter Tipp war es allemal, denn der Rest inkl. Ticketkauf ist Formsache. Na denn, fahren wir mal noch ein Bisschen U-Bahn. An der übernächsten Station steigen wir aus und begeben uns in den Straßen auf Nahrungssuche. In einem abgelegenen Hinterhof – keine Ahnung, wie wir dahin gekommen sind – finden wir eine große Halle, in die sowas wie ein Restaurant reingezimmert wurde. Sieht irgendwie total russisch aus. Also rein hier! Und die Wahl war vortrefflich. Das Bier ist schnell serviert, die Bedienung freundlich, das Essen gut, an der Toilette prangen die üblichen Hakenkreuzchen – kurzum, man fühlt sich gleich heimisch. Das ist Grund genug, auf 1 oder 2 Bier länger zu bleiben. Ein zünftiger Abschluss des Moskau-Besuchs!
Auf dem Heimweg geht es nochmal im Supermarkt vorbei, der bis sonstwann geöffnet hat. Wir sind bereits Stammkunden, haben immerhin täglich eingekauft hier. Weil das Sortiment an Wodka aus unserer laienhaften Sicht recht gut ist, nehmen wir noch die eine oder andere Flasche als Souvenir mit. Morgen früh werden wir sehen, ob der Fusel noch mit in den prall gefüllten Rucksack passt. Alternative: Wodkafrühstück!