15. Tag: What goes up must come down

Hey, wir hatten für diese Nacht eine Jurte gebucht, nicht dieses scheiß Eishotel in Lappland! Hätte auch mal jemand sagen können, dass Omas Heizdecke mit dem integrierten Mini-Atomkraftwerk hier angebracht gewesen wäre. Um es auf den Punkt zu bringen: wir haben uns den Arsch abgefroren. „Sack“ soll ich nicht schreiben, haben sie alle gesagt. Das wäre in Anbetracht der personellen Zusammenstellung unserer Gruppe auch faktisch nicht korrekt gewesen. Wir waren zwar nur auf 2700 Metern Höhe untergebracht, aber der Wind hat in der Nacht ganz fies gedreht. Und da unser meisterliches Bauwerk zwischen Tür und… ja, ähh… Wand (?) einen derartig großen Spalt hatte, dass locker noch ein Schaf durchgepasst hätte, lagen wir praktisch voll im Zug. So, aber nun genug gejammert! Schließlich leben wir noch und werden mit Sonnenschein begrüßt. Nach ein wenig Frühsport an der frischen Luft servieren uns unsere Gastgeber ein leckeres Frühstück.

Stress ist auf diesem Teil der Erde ein Fremdwort, und das ist gut so. Unsere Mahlzeit dauert wohl knapp zwei Stunden. Eilig haben wir es auch nicht, den Melis, der uns gegen 9.00 Uhr abholen wollte, schlägt erst gegen 11.00 Uhr auf. Er fragt uns nach dem gewünschten Weg ins Tal. Sollen wir die schnelle Variante nehmen oder die ausgedehnte? Melis will uns noch mehr abverlangen als am Vortag. Bieten will er uns was, und wir sitzen gut im Sattel. Warum also nicht? Es geht los. Ich habe ein neues Pferd bekommen. Ein Jungspund unter den ausgewachsenen Tieren, heißblütig und schnell! Hätten wir es mit Autos zu tun, so wäre aus einem Coupé fürs gemütliche Cruisen nun ein reinrassiger Sportwagen mit kompromissloser Sportabstimmung und Rennstreckentauglichkeit geworden. Nur an der PS-Zahl hat sich offensichtlich nichts geändert. Sagt zumindest das Datenblatt.

Der eigentliche Weg ins Tal entzieht sich jeder Vorstellung von Normalität. Wir reiten Steilhänge hinab, auf denen selbst die erfahrenen Pferde an ihre Grenzen stoßen. Mit hilfreichen Tipps von Alice schaffen wir es aber dennoch, diese absurd gefährliche Route zu überwinden und auf den regulären Pfad zurückzufinden. Wir hatten unsere Action, der Rest ist jetzt ein gemütlicher Heimritt. Als wir nach einer ganzen Weile und mit inzwischen ordentlich schmerzenden Hintern und Oberschenkeln in Tamchy ankommen, müssen wir uns doch nochmal überwinden. Die Dorfkiddies reiten dort fröhlich mit ihren Eseln umher und fordern uns zu rennen heraus. Klingt lächerlich, ist es auch – für uns! Denn inzwischen hatten wir keine Stöckchen mehr zum Antreiben dabei, schaffen es demnach nicht, unsere Rösser in den Galopp zu bringen und müssen uns von Halbwüchsigen auf tiefergelegten Eseln versägen lassen. Unglaublich, diese Schmach!

Wir steigen vor dem Haus unserer Gastfamilie ab. Vollkommen fertig, aber glücklich verabschieden wir Melis und freuen uns auf die Dusche, die jetzt hoffentlich wieder funktioniert. Jupp, Wasser kommt raus, coole Sache. Und man darf es wörtlich nehmen: die Brühe ist kalt. Wir haben’s registriert; schocken kann uns sowas schon lang nicht mehr. Und auch unter einer kühlen Dusche wird man sauber.

Eine weitere Übernachtung in Tamchy war eigentlich gar nicht geplant, macht aber in Anbetracht der fortgeschrittenen Uhrzeit und unserer körperlichen Verfassung durchaus Sinn. Ein Problem ist das für die Familie erwartungsgemäß nicht. Man hat übrigens Gäste diesen Abend. Zur Feier des Tages wird eines der Lämmer aus eigener Zucht geschlachtet. Und so haben wir den Abend Zeit für etwas Erholung. Wo wir das Abendessen zu uns nehmen, versteht sich von selbst: ein letztes Mal geht’s in unser Stammlokal, wo man uns schon mit einem freundlichen Lächeln aufgeschlossen begrüßt. Einmal Laghman bitte, gebraten, dazu ein großes Pils!

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