7. Tag: Turkistan

Nach einer unruhigen Nacht im Zug erreichen wir Shimkent. Scheiß kurze Betten! Die Stadt soll nur Zwischenstation für uns sein. Schnell ins Hotel am Busbahnhof eingecheckt, und ab geht’s mit dem Marschrutka nach Turkistan. Marschrutki sind eine tolle Erfindung. Der Name kommt wohl aus dem deutschen Sprachraum und bedeutet so viel wie „Richtungstaxi“. Meist sind das Kleinbusse im Format eines Mercedes Sprinter, die im Gegensatz zu regulären Taxis einer festgelegten Richtung folgen.

Unter Moslems ist Turkistan etwas ganz besonderes. Man sagt: Wer im Leben 3x in Turkistan war, kann sich die Pilgerfahrt nach Mekka kneifen. Das kümmert mich grad wenig, aber für Thomas ist es tatsächlich der dritte Besuch hier. Einen goldenen Koran können wir ihm leider nicht überreichen, aber wir sind unglaublich stolz auf ihn.

In Turkistan gibt es nicht wirklich viel. Hauptattraktion ist ein Areal, welches eine Moschee sowie diverse kleinere Nebengebäude ziert. Auf dem kurzen Fußweg dahin treffen wir ein junges Pärchen, das noch eine weitere Sehenswürdigkeit zu kennen scheint. Jedenfalls halten sie es für eine gute Idee, sich mit uns ein Taxi dahin zu teilen. Abgemacht! Treffpunkt wenige Stunden später. Mal schauen, was die vorhaben.

Nach Besichtigung der tollen Moschee suchen wir uns in der Mittagshitze ein schattiges Plätzchen, wo es optimalerweise auch noch etwas zu essen und kühles Bier gibt: Ein kleines Restaurant. Am Nebentisch bemerkt man schnell die Anwesenheit von Europäern. Überhaupt sind wir fortan außerhalb der kosmopolitischen Metropole Almaty die Hauptattraktion schlechthin. Ich mache noch einen Scherz, nach dem Motto: Die würden wir doch locker unter den Tisch trinken. Keine 5 Minuten später reichen die Herren ein Glas Wodka rüber. Thomas lehnt ab (Kameradenschwein!), der Nächste in der Runde bin ich. Die eingefüllte Menge wird in unseren Längengraden gern als Mineralwasser serviert, an der Stelle wurde wohl Kohlensäure gegen Alkohol getauscht. Optisch kein Unterschied, also: Da musst du jetzt durch, Sascha! Anschließend gibt’s noch die obligatorische Fotosession, die nicht ohne weitere „Kurze“ abgeht. Bei 40 Grad im Schatten stellen sich bisweilen recht schnell diverse Ausfallerscheinungen ein, aber Thomas holt uns zum Glück schnell raus aus der Wodkafalle. Mit gefühlten 4 Atü auf’m Kessel geht es zum Treffpunkt mit dem Pärchen.

Unser Taxi ist ein alter Lada, ein 1600er, von denen erstaunlich viele Exemplare noch in Betrieb sind. Auffällig: Bei dem teilweise harten Gelände und den schlechten Straßen hatte jedes Auto eine gerissene Frontscheibe – außer den Ladas. OW erklärt mir, dass die Scheibe in Gummi eingefasst und nicht geklebt sei. Wieder etwas gelernt. Und so geht es zu sechst (!) in einer guten Autostunde irgendwo in die Pampa an eine muslimische Gebetsstätte. Wir nehmen am Ritual teil, jedenfalls körperlich. Der Kopfschmerz ist omnipräsent, aber der kühle tempelähnliche Bau erweist sich als angenehm. Anschließend halten wir noch an einer weiteren heiligen Stätte an, wo jeder Beteiligte einen Eimer aus einem Brunnen zieht, der im Idealfall mit Wasser gefüllt ist. Das soll Glück bringen und aussagen, dass der Betroffene ein guter Mensch ist. Die üblichen blasphemischen Bemerkungen spare ich mir an dieser Stelle. Es geht dann im unkaputtbaren Lada zurück. Der ausgehandelte Preis ist auf einmal nicht mehr ausreichend, aber so wirklich neu ist dieser Fall leider nicht. Im nächsten verfügbaren Marschrutka geht die Reise zurück nach Shimkent, wo wir nach einem kleinen Rundgang auf dem belebten Busbahnhof todmüde ins Bett fallen.

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