10. Tag: 1001 Nacht in Bukhara

Verdammte Axt! Was zum Henker macht die Sonne in meinem Gesicht? Ich will doch nur schlafen…! Die Fensterläden waren immerhin zu, wie nett. Dummerweise haben die Dinger da draußen Spaltmaße wie italienische Autos. So vermögen Sie die mit aller Wucht hereinbrechenden Sonnenstrahlen nicht abzuhalten und bescheren ein frühes Ende dieser schönen Nacht. Bei aller Dramaturgie sei gesagt, dass 5 Minuten später der Wecker geklingelt hätte, was weitaus unsanfter gewesen wäre. Aber es geht ums Prinzip!

Der bewusst wahrgenommene Teil des Morgens beginnt mit einem leckeren Frühstück im Keller des Hotels. Dort finden wir neben allerhand Köstlichkeiten auch noch eine freundliche Japanerin vor, die allein durch die Welt reist und uns ein paar Minuten länger am Tisch fesselt zum Zwecke gepflegter frühmorgendlicher Konversation. Respekt, die hat schon ’ne Menge gesehen. Alsbald brechen wir aber doch auf, um uns Bukhara anzuschauen. Irgendwie sieht alles ein wenig aus wie in Samarkand. Ähnliche orientalische Gebäude, etwas Grün, viel Staub und Trockenheit, beschauliche Plätze und geheimnisvolle abgelegene Gassen. Aber nein, etwas ist anders. Das Flair. Hier geht es noch entspannter zu, die Straßen sind angenehm leer, kaum Touristen sind zudem zu sehen. Letzteres fällt während der ganzen Reise besonders auf. Die aktuelle wirtschaftliche Lage scheint auch hier Tribut zu fordern.

Die Menschen in Bukhara sind weitestgehend angenehme Zeitgenossen, zudem sprechen vergleichsweise viele Leute Englisch. Aber auch hier weiß man, wie man den gewöhnlichen Europäer um ein paar Euro erleichtert. Das trifft besonders auf die touristischen Zentren zu. Es ist schon erstaunlich, wie anders sich die Kommunikation mit den Einheimischen ein paar Meter weiter „draußen“ anfühlt. Kurz gesagt: Man hat dann nicht mehr unbedingt das Gefühl, nach Strich und Faden beschissen zu werden. Vielleicht ist die Offenheit nicht dieselbe, aber wenn vorhanden, dann ehrlich. Und wenn dann die mehrheitlich vorhandenen Goldzähne aus dem Munde eines Usbeken blitzen, dann ist dieses Lächeln ein echtes Lächeln.

Eine interessante Begegnung haben wir an der Kasse eines kleinen Aussichtsturmes in der Nähe der Zitadelle. Wir werden wieder einmal für Amerikaner gehalten. Nach Richtigstellung der Herkunft hat sich der Eintrittspreis kurioserweise halbiert – na nu? Niedlich: Jeder muss uns seine 2 Brocken Deutsch aufsagen, die er so kann. In dem Fall waren es beim Kassierer sogar 3, und zwar Städte: Berlin, Dresden, Buchenwald! Die Vorbildfunktion, die dieser Mann ausübt, wird hier besonders deutlich. Mehr als zwei Drittel der genannten Städte liegen im Osten. Logo, ist ja auch näher dran an Usbekistan, da kennt man sich aus.

Tausendundeine Nacht werden’s dann in der schönen Stadt wohl doch nicht werden. Zurück im Hotel sieht’s wunderbar aufgeräumt aus, doch etwas stinkt. OWs Socken sind es nicht, denn wir hatten am Vortag gewaschen. Etwas ist faul, und nach einer aufwändigen Inventur stellen wir fest, dass bei OW 100 Dollar fehlen. Die waren im Backup-Fach des großen Rucksacks, der natürlich im Hotel geblieben war. So lernt man auch schnell die Schattenseiten des Orients kennen.

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