17. Tag: Hot Springs

Da haben wir uns schon eine recht anstrengende Urlaubsform ausgesucht. Jeden Tag auf der Jagd nach dem Neuen, jeden Morgen in freudiger Erwartung auf das, was uns wohl an diesem Tag passieren wird. Und dauernd auf Achse, von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, fast täglich neue Unterkünfte, neue Trips, alles spontan und ohne die Gewissheit, dass der an sich schon grobe Plan halbwegs aufgeht. Dieser Tag startete so gesehen weitestgehend suboptimal. Am Vortag konnten wir keinen konkreten Tagesplan mehr schmieden, hatten nur irgendwas im Hinterkopf. „Hot Springs“ – jo, die gibt es. Und wie kommen wir hin? Zu Fuß? Denkbar, aber weit. Bus? Fährt nur bis an den Fuß des Berges. Wir sind nicht faul, wollen aber nicht einen Großteil des Tages mit dem Auf- und Abstieg verschwenden. Also Offroader, ja genau! Und? Wo bekommen wir den her? Eben. Wir setzen einfach mal einen Fuß vor die Tür, und dann passiert das Unfassbare: Nik von „Yak Tours“, einer ansässigen Touri-Gesellschaft, steht vor uns mit seinem Allrad-Bus vom Typ Uljanowski Awtomobilny Sawod (UAZ) 452. Wer hat den denn gerufen? Wir waren es nicht, aber er kam goldrichtig, war herzlich willkommen, der Preis schnell ausgehandelt und wir an Bord.

Schnell geht’s noch an der Tanke vorbei, die Karre randvoll auffüllen, die Kanister zur Reserve auch. Keine Ahnung, was unser Gefährt so schluckt, vielleicht läuft auch durch eine der unzähligen Schweißnähte Sprit raus. Aber Nik „Schumacher“ fährt diese Tour schließlich nicht zum ersten Mal. Das merkt man spätestens, als es abseits der Straße in Richtung Berg geht. Der Untergrund wird anspruchsvoller, für normale PKW unpassierbar. Mit geübtem Griff flutscht die Geländeuntersetzung rein, und schon geht’s durch Schlamm, über riesige Felsbrocken und quer liegende Bäume – kurz gesagt: durch autofeindliches Gebiet. Schumi macht das mit unglaublicher Coolness und hat die ganze Zeit ein genüssliches, zeitweise schon schadenfrohes Grinsen im Gesicht. Er spricht ein paar Brocken Englisch und fragt in regelmäßigen Abständen, ob uns die Massage gefällt. Tut sie, keine Frage. Vor allem in der Kopfgegend, denn trotz guter Innenraumhöhe schlägt die Birne aller paar Sekunden von unten ins Dach ein. Ohne diese Stimulation wäre es allerdings undenkbar gewesen, jene Zeilen zu verfassen.

Ob nun Nik oder wir mehr Spaß an der Fahrt hatten, das sei dahingestellt, aber heil angekommen sind wir nach etwas mehr als einer Stunde Fahrt allemal. Und das sicher bequemer und schneller als unser deutsch-österreichisches Fahrrad-Pärchen aus dem Marschrutka, das wir bergauf überholen. So frisch sehen sie nicht mehr aus, da hilft auch ein geübtes künstliches Perlweißlächeln nichts. In den Bergen erwartet uns Valentin, der Bruder von Sergej. Er spricht sehr gutes Englisch und holt uns auf einen Tee in seine urgemütliche Hütte. Nach dieser kleinen Stärkung brechen wir zu einer Wanderung auf. Seine Tochter führt uns zu den heißen Quellen, die Valentin eigenhändig ausgemauert und zu wahren Heilbädern gemacht hat. Einladend sehen sie aus, und beim vierten und letzten Exemplar können wir nicht widerstehen. Mitten im Fels lassen wir die Hüllen fallen und springen in die heiße, schwefelhaltige Brühe. Alice ist auch dabei, schaut sich das Spektakel aber dann eher passiv an. Ich frage mich ernsthaft, woher dieser konsternierte Blick in ihrem Gesicht kommt.

Schön aufgeweicht und total entspannt geht es zurück zu Valentins Haus, wo uns eine kräftige Mahlzeit erwartet. Thomas und ich beschließen, nochmal eine andere Quelle anzutesten, OW und Alice beschäftigen sich anderweitig. Mit Wandern.

Die Rückfahrt am Nachmittag bietet wenig Überraschungen, aber im Vergleich zum Hinweg nicht minder viele Beulen am Kopf. Wir beschließen, die Blessuren von innen zu kühlen und holen Bier. Am Abend sitzen wir wieder gemütlich beisammen, diesmal aufgrund des Wetters im Haus. Doreen aus Leipzig und ihr schweizer Freund Renato leisten uns Gesellschaft. Ein schlecht begonnener Tag ist doch noch gelungen und findet hier ein angenehmes Ende.

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