18. Tag: Rückweg nach Almaty

Guten Morgen, Kirgisistan! So schön es in dir auch ist, wir müssen dich heute leider verlassen. Das ist bedauerlich, aber alle wehmütigen Gedanken werden erstmal verdrängt, denn es gibt etwas zu feiern: Thomas begeht heute seinen 28. Geburtstag! Nachdem wir uns salonfähig gemacht hatten – Outdoorhose und zu diesem Anlass mal ein frisches T-Shirt angezogen – versammeln wir uns im Gruselwohnzimmer, in dem Alice und Thomas genächtigt hatten, dort, wo das alte verstimmte Piano steht. Unser Multitalent Alice haut wie zuvor abgesprochen in die Tasten und spielt aus der Kalten ein fulminantes „Happy Birthday To You“. Dass wir es hier nicht mit einem wohltemperierten Klavier zu tun haben, fällt kaum auf, denn unser Gesang zieht alles, was bereits schräg ist, noch ein paar Grad weiter runter. Macht aber nix, denn schließlich zählt die Geste.

Alsbald stellt sich die interessante Frage nach dem Heimweg. Es gibt eine Abkürzung, die uns relativ geradlinig zur Grenze bringen würde. Problem: Keiner weiß so recht, ob der Grenzübergang geöffnet hat. Zudem sind die Verkehrswege dahin weit weniger gut ausgebaut als in Richtung Bishkek, was sich dramatisch auf die Anreisezeit zur Grenze auswirken könnte. Wir entscheiden uns ausnahmsweise für die sichere Variante und fahren zurück nach Bishkek. Schließlich haben wir in Kürze eine Zugfahrt anzutreten. In Karakol finden wir am Stadtrand problemlos ein Marschrutka, das uns bequem zur Zwischenstation bringt. In Bishkek steigen wir um.

Meine Fresse, ist das wieder heiß hier! Am Lake Issyk-Kul hatten wir uns so richtig an das Klima mit Temperaturen um die 25 Grad gewöhnt, aber nun sind wir zurück in der Backröhre, zum Glück mit Umluft. Im Kleinbus sind nur noch wenige Plätze frei, wir müssen uns aufteilen. Das ist immer recht interessant, da man auf die Art in Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung kommt, ob man nun will oder nicht. Neben mir nimmt eine junge Kirgisin Platz. Aika heißt sie. Das hatte ich auf Nachfrage erfahren, nachdem sie innerhalb von 2 Minuten meinen Namen, meine Sprachkenntnisse und meine Telefonnummer kannte. Letztere nützt ihr natürlich nicht viel, denn es handelt sich um eine kasachische Sim-Karte ohne größere Roaming-Freischaltungen. Auf ihrem Mobiltelefon hat sie einige Bilder von sich, die sie stolz präsentiert. Warum nur? Ich sehe sie doch live vor mir! Aber damit nicht genug. Den Beziehungsstatus erfragt sie trotz holprigem Englisch recht schnell. Schon schmeichelhaft, wenn man kurz die Tatsache ausblendet, dass der größte Sex Appeal hier wohl weniger von mir selbst als von meinem deutschen Pass ausgeht. Seit dieser Zeit bin ich übrigens verheiratet, seit zwei Jahren inzwischen. Schade für Aika, macht ja aber nichts, denn es gibt bekanntlich noch mehr Deutsche in diesem Auto. OW ist dran, höhö. Ich erzähle ihr, dass er verheiratet ist und einen Sohn hat (für Insider: Den hat er auch, und der ist allgemein bekannt als Pavel). Gut, kein Problem, Thomas ist auch noch da. Wir hätten ihm Aika wirklich gegönnt, gerade zu seinem Ehrentag. Aber bei der Ansage, er sei vergeben, muss ich nicht mal (not)lügen. OK, wäre das also vom Tisch. Der Rest der Fahrt zwischen Aika und einem schnarchenden Walross ist trotzdem ganz witzig und eine willkommene Abwechslung.

Die Fahrt dauert mit unserem unterkühlt lenkenden Piloten recht lang, geht aber inklusive Grenzübergang problemlos über die Bühne. Interessant ist unsere Rückkehr aber schon: Wir treten anders auf, selbstbewusst und mit einem gewissen Selbstverständnis. Den Einkauf für den Abend erledigen OW und ich allein, unseren Dolmetscher lassen wir gleich daheim. Eigentlich nichts ungewöhnliches, in den ersten Tagen in Zentralasien wäre es trotzdem kaum denkbar gewesen.

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